PRO

Die Frage, ob politische Jugendorganisationen auf TikTok aktiv sein sollten, lässt sich für mich sehr einfach beantworten.
Politik muss da stattfinden, wo die Menschen sind.

Gerade die Pandemie hat in den vergangenen Monaten maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die politische Meinungsbildung — besonders in unserer Altersgruppe — zunehmend in den digitalen Raum verlagert hat. Politik findet immer weniger auf der Straße und immer verstärkter auf digitalen Plattformen statt.

Dass TikTok für die eigene Kommunikation immer relevanter wird, zeigen insbesondere auch die Statistiken und Nutzerzahlen: Laut der Videosharing-Plattform belief sich die Anzahl der monatlichen aktiven Nutzerinnen und Nutzer von TikTok in Deutschland im Oktober 2021 auf rund 3,04 Millionen. Das sind 3,04 Millionen Menschen, die wir von unserer Politik, unseren Werten und unseren Plänen für unser Land überzeugen können. Fakt ist: Wenn wir es nicht machen, überlassen wir den anderen Parteien kampflos das Feld. Es liegt also an uns, den digitalen Raum mit unseren Argumenten und Werten zu übernehmen.

Ein wichtiges Gegenargument, das in der Debatte über die Verwendung von TikTok für politische Zwecke aufgeführt wird und gewürdigt werden muss, ist die Beteiligung der chinesischen Regierung an dem Konzern ByteDance, der für TikTok verantwortlich ist.
Seit Steigerung des Bekanntheitsgrades der Plattform mehren sich Berichte, nach denen zufolge TikTok bestimmte Inhalte aus politischen Gründen zensiert und auf sensible Daten der TikTok-Nutzerinnen und Nutzer zugreift. In jedem Fall widerspricht das unserem christdemokratischen Wertekanon und darf in dieser Debatte nicht unerwähnt bleiben. Europa muss hier entschlossen dagegenhalten und gemeinsame Antworten finden.

Aber sollte dies in letzter Konsequenz dafür sorgen, dass wir uns zurückziehen und anderen das Feld überlassen? Ich bin der Auffassung, dass man gerade deswegen mit gutem und interaktivem Content an dieser Stelle etwas entgegensetzen kann und so die Userinnen und User über unsere politischen Vorhaben informieren und mit unseren Inhalten werben kann.

Das Ergebnis der Bundestagswahlen war ein Weckruf. Wir müssen nicht nur unsere inhaltlichen Schwerpunkte, sondern auch unsere Kommunikationsstrategien überdenken. Insbesondere junge Wählerinnen und Wähler erreicht man eben nicht mehr über Parteistände auf dem Wochenmarkt, mit großen Wesselmännern an Landstraßen oder durch Flyer im Briefkasten. Wir müssen uns trauen, aktiv in digitalen Räumen Präsenz zu zeigen und auf unsere Politik aufmerksam zu machen. Nur das ist der Schlüssel, um die junge Generation wieder stärker abzuholen und an uns zu binden.

Gerade als Junge Union — dem Motor der Partei — sollte es sogar unser Anspruch sein, den politischen Nachwuchs nicht nur mit analogen Methoden zu gewinnen.

Letztendlich geht es nicht darum, bei jedem “hippen“ Trend bedenkenlos mitzumachen. Es handelt sich vielmehr um den Versuch, unsere Kommunikation —insbesondere in den sozialen Medien — zukunftsfest aufzustellen.

von Leila Helena Rifahi

Contra

Sollten wir als Junge Union aktiv TikTok nutzen? TikTok ist bekannt dafür, seine Nutzer besser als jedes andere soziale Netzwerk zu kennen und somit die für sie spannendsten und interessantesten Inhalte zusammenzustellen. Klasse, da könnten wir ja supereffizient unsere Generation ansprechen, Digitalkompetenz beweisen und inhaltlich Pflöcke einschlagen - was wollen wir mehr?

Ich habe mir die Zeit genommen und einmal die vollständigen Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien von TikTok gelesen. Die wenig überraschende Erkenntnis des Ganzen: TikTok sammelt alle Informationen, die nicht niet- und nagelfest sind – meinen aktuellen Standort, alle technischen Informationen meines Handys vom WLAN-Netzwerk bis zur Bildschirmauflösung, die Inhalte meiner über die App verschickten Nachrichten und noch vieles mehr. Das ist natürlich unschön, aber vermutlich auch nicht schlimmer als bei Instagram oder Facebook.

Ein Problem ist das sehr wohl, was jedoch erst bei einem Blick hinter die Technik deutlich wird. Security-Analysten sind sich in dem einig, was der anonyme Reddit Nutzer “Bangarlol” bei einer Analyse der Apps von Instagram, Facebook, Reddit, Twitter und TikTok anhand ihrer Codes und der von ihnen versendeten Daten herausgefunden hat. TikTok sammelt laut seiner Analyse um Welten mehr Nutzerdaten als die anderen sozialen Netzwerke und versucht dies auch bei Weitem dreister zu verbergen: „It's like comparing a cup of water to the ocean - they just don't compare.“

TikTok hat also ein sehr genaues Bild von mir, welches wohl hauptsächlich für Werbezwecke genutzt wird. Einen Zugriff Chinas auf jegliche Daten bestreitet TikTok vehement. Sie würden ausnahmslos sichere Server in den USA und Singapur nutzen und ihren Firmensitz im Ausland haben. Dabei verschweigen sie völlig, dass sie dem chinesischen Digitalriesen ByteDance (Beijing Bytedance Technology Ltd.) gehören.

Jedes große chinesische Unternehmen ist dazu verpflichtet, dem Staat auf Anfrage Daten zur Verfügung zu stellen und im Anschluss darüber zu schweigen. Ein öffentlicher Entschuldigungsbrief des Bytedance-Gründers Zhang Yiming aus dem Jahre 2018 lässt uns Europäer ein kleines Gefühl dafür bekommen, was das bedeutet: Unter wohl massivem staatlichem Druck gibt Zhang Yiming in einem offenen Entschuldigungsbrief zu Protokoll, dass sein Nachrichtenportal Toutiao „keine gründliche Arbeit geleistet [habe], um die öffentliche Meinung zu lenken“. Er gelobe die Zahl der Angestellten Zensoren, welche zumeist Mitglieder der Kommunistischen Partei sind, beinahe zu verdoppeln und die Verbreitung der „maßgeblichen Medien“, welche zumeist staatlich kontrolliert sind, zu erhöhen. Eben diese Newsplattform Toutiao ist genau wie TikTok ein alleiniges Tochterunternehmen von ByteDance.

Auf Plattformen wie TikTok wird nicht nur gezielt positiver Content über China verbreitet, sondern sie zensieren schon heute, auch hier in Deutschland, potenziell kritische Inhalte über China. So werden Beiträge zur Expansionspolitik Chinas, zu Menschenrechtsverletzungen und zur staatlichen Überwachung „aus Versehen“ von Moderatoren gelöscht. Suchte man beispielsweise während der Proteste in Hongkong nach dem #HongKong fand man ausschließlich fröhliche Videos.

China verfolgt schon seit Jahren in jeder Hinsicht eine radikale Expansionspolitik. Der chinesische Staatschef Xi Jinping spricht immer wieder von seinem „Chinesischen Traum“, der „großen nationalen Renaissance“. Er wird nicht müde zu betonen, dass China die größte Zeit der Menschheitsgeschichte, die dominierende Weltmacht gewesen ist. Diese Stellung soll China - koste es, was es wolle - unter seiner Führung wieder erlangen. Zu diesem Machtstreben gehört neben einer expansiven „Entwicklungspolitik“, einer massiven Aufrüstung eben auch der Kampf um die Hoheit in der digitalen Welt. China ist bereit dazu, neue Konflikte einzugehen und dazu gehört mit Sicherheit auch die Ausnutzung der Spionage- und Manipulationspotentiale, die ihnen die Daten von TikTok eröffnen. Dieser Missbrauch durch China ist zum Glück bisher nur hypothetisch oder zumindest nicht nachweisbar. Fakt ist hingegen, dass China schon heute Einfluss darauf nimmt, welche Inhalte auf der Plattform verfügbar sind.

Es ist also festzuhalten: TikTok sammelt bei Weitem mehr Nutzerdaten als Instagram und Facebook, macht Werbung für den chinesischen Staat und betreibt unter seinem Einfluss mindestens radikale Zensur, wenn nicht sogar noch viel Schlimmeres. Braucht es neben dieser Feststellung noch weitere Schlussworte?

von Maximilian Reinberger

Kontaktperson

Arvid Hans Hüsgen

Pressesprecher

+49 211 1360048

Vorheriger Beitrag Nächster Beitrag

Jetzt teilen: