Seit Oktober regiert Hendrik Wüst das bevölkerungsreichste Bundesland. Am 15. Mai entscheidet sich, ob NRW den Erfolgskurs mit ihm an der Spitze fortführen wird.

BISS35: Herr Wüst, Sie sind seit Oktober 2021 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Erst, könnte man sagen. Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?

Hendrik Wüst: Ich habe in der Zeit viel Geschlossenheit, Teamgeist und Zusammenhalt erleben dürfen. Das ist eine gute Basis für den Landtagswahlkampf.

BISS35: Es ist der NRW-Koalition in den vergangenen fünf Jahren gelungen, rot-grüne Versäumnisse aufzuholen und zukunftsweisende Vorhaben anzustoßen. Wie kann es uns gelingen, die Bedingungen für Investitionen und Wirtschaftswachstum noch weiter zu verbessern?

Hendrik Wüst: Unter Rot-Grün hielt Nordrhein-Westfalen in fast allen Politikfeldern die rote Laterne. Wir sind 2017 angetreten, vieles besser zu machen und haben geliefert: mehr Polizisten und mehr Lehrer eingestellt, Haushalte ohne neue Schulden aufgestellt, gleichzeitig in Bildung und Infrastruktur investiert. Wir haben viel unnütze Bürokratie abgebaut, acht Entfesselungspakete mit rund 150 Maßnahmen. Das fördert Investitionen und sichert Arbeitsplätze. Wir denken Klimaschutz, Digitalisierung und die Transformation unseres Industrie- und Energiestandortes zusammen und spielen die Aspekte nicht gegeneinander aus. Und wir sind ein Top-Gründerland. Es macht eben einen Unterschied, dass wir regieren.

BISS35: Der Ukraine-Krieg stellt unsere Energiesicherheit vor neue Herausforderungen. Muss der Ausstieg aus der Braunkohle revidiert werden?

Hendrik Wüst: Der Angriffskrieg auf die Ukraine verursacht vor allem Leid für Millionen Menschen. Denjenigen, die vor diesem Krieg fliehen, werden wir helfen. Sie sind uns willkommen.

Der Krieg hat darüber hinaus auch Auswirkungen auf uns. Das Industrieland NRW muss möglichst schnell unabhängig von Energieimporten aus Russland werden und dafür sorgen, dass dabei die Preise bezahlbar bleiben. Eine warme Wohnung oder die Fahrt zur Arbeit dürfen nicht zur neuen sozialen Frage werden. Beim Ziel, 2030 aus der Kohle auszusteigen, sollten wir aber keine Abstriche machen. Unsere eigene Energieversorgungsstrategie hat das Ziel, bis zum Jahr 2030 die Leistung der Windenergie zu verdoppeln, die der Photovoltaik gar zu vervierfachen. Schnellerer Ausbau geht aber nur mit den Menschen, da müssen wir auch die Akzeptanz für Windenergie und Photovoltaik erhöhen. Denn wo Anwohner unmittelbar von Windenergie profitieren, ist die Akzeptanz hoch. Darüber hinaus setzen wir auf Wasserstoff als Zukunftstechnologie.

BISS35: Apropos Ukraine: Wie kann und will Nordrhein-Westfalen helfen?

Hendrik Wüst: Es fliehen vor allem Frauen und Kinder. Wir müssen die Menschen, die bei uns Schutz suchen, anständig versorgen mit Wohnraum, medizinischer Versorgung und psychologischer Hilfe, Kinderbetreuung und Schulplätzen. Wir müssen zusehen, dass wir die Mütter mit ihren Kindern so schnell wie möglich aus den Turnhallen und den Sammelunterkünften rausbekommen. Ich bin dankbar für das Engagement der vielen Ehrenamtlichen und der Kommunen, die sich um die Aufnahme der Geflüchteten kümmern. Wir stellen dieses Jahr 1,6 Mrd. Euro für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung – und wenn mehr gebraucht wird, werden wir die Mittel erhöhen.

BISS35: Stichwort Schule: Das Thema war in den vergangenen Monaten nicht zuletzt wegen der Corona-Maßnahmen von Unsicherheiten auf allen Seiten geprägt. Über die akuten pandemischen Probleme hinaus bleiben strukturelle Probleme wie zum Beispiel der Lehrermangel.

Hendrik Wüst: In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig Präsenzunterricht sowie digitale Methoden sind. Kinder brauchen Lehrerinnen und Lehrer, die ihnen eine wertvolle Stütze in ihrer Entwicklung sind. Heute haben wir 10.000 Lehrer mehr an unseren Schulen als unter Rot-Grün. Weil kleinere Klassen gut sind für den Lernerfolg, werden wir in der nächsten Wahlperiode noch einmal 10.000 Lehrerinnen und Lehrer einstellen. Und wir wollen, dass zukünftig jedes Kind ein digitales Endgerät zur Verfügung hat.

BISS35: So unsicher wie die Weltlage derzeit erscheint, ist NRW laut Kriminalitätsstatistik so sicher wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um auch der Kriminalität von morgen entgegenzutreten?

Hendrik Wüst: Wir haben seit Regierungsbeginn 2017 massiv in die innere Sicherheit investiert und unserer Polizei den Rücken gestärkt. Nordrhein-Westfalen ist heute so sicher wie seit 35 Jahren nicht mehr. Deshalb werden wir unsere Null-Toleranz gegen Kriminelle fortsetzen. Mit jeder Razzia rücken wir kriminellen Clans mehr auf die Pelle. Kriminalität verlagert sich aber auch immer weiter in den digitalen Raum. Deshalb werden wir Kriminalität zukünftig auch mit Cybercops bekämpfen. Sie sollen im Internet Streife gehen und sich um Kriminalität im Web kümmern, von Hasskriminalität über Betrugsfälle bis zu Straftaten im Darknet.

BISS35: Ihr Motto lautet „Herausforderungen annehmen, Hindernisse überwinden und auch mal den unbequemen Weg gehen“. Was bedeutet das konkret für Ihre politische Agenda in den nächsten fünf Jahren?

Hendrik Wüst: Anpacken, machen, Verantwortung übernehmen – das hat mich schon früh geprägt. Ich möchte Probleme entschlossen angehen, lösen und die Chancen nutzen, um unser Land noch erfolgreicher zu machen. Keine andere Generation vor uns konnte auf so viel Wissen zugreifen wie wir. Wir haben alle Chancen! Allein die Digitalisierung eröffnet uns Möglichkeiten, von denen andere Generationen nur träumen konnten. Beispiel Hochschulen: Da muss NRW an die Spitze mit exzellenter Lehre und Forschung. Quanten-Computing ist so ein „Game Changer“. Wir wollen Nordrhein-Westfalen zum Technologieführer bei Quanten-Computing machen – dazu werden wir landesweit 50 Professuren einrichten, 50 weitere für Künstliche Intelligenz.

BISS35: Sie selbst sind der Jungen Union NRW eng verbunden und waren sogar einmal unser Landesvorsitzender. Was raten sie mit Blick auf Ihre eigene JU-Zeit jungen Menschen, die sich in der Politik behaupten wollen?

Es lohnt sich, für Ziele, Ideen und Überzeugungen einzutreten und zu kämpfen, selbst wenn einem der Wind mal ins Gesicht weht. Entscheidend ist, dass man einen klaren Kurs hat und den beibehält.

Die Fragen stellte Fabio Crynen, Chefredakteur der BISS35

Kontaktperson

Arvid Hans Hüsgen

Pressesprecher

+49 211 1360048

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