Historische Zäsur. Wendepunkt. Tiefer Einschnitt. Realitätsschock. Für das, was wir gegenwärtig erleben, gibt es nur große Begriffe. Und doch ist die Wirklichkeit so viel größer und brutaler als jedes Wort, das wir finden können, um zu beschreiben, was geschehen ist. Die Ukraine, das flächenmäßig zweitgrößte Land auf dem europäischen Kontinent, ein demokratischer und souveräner Staat im Herzen Europas, ist überfallen worden. Das erste Mal seit mehr als 80 Jahren wird in Europa wieder ein Angriffskrieg geführt.

Dieser Angriffskrieg verändert nicht nur die Welt, verändert nicht nur Europa. Er verändert alles – und damit auch uns Deutsche, uns Christdemokraten. Der britische Historiker Timothy Garton Ash nennt den 24. Februar 2022 einen Tag, „der direkt in die Geschichtsbücher marschieren wird“.

Machen wir uns nichts vor: Es kann viele Jahre dauern, eine neue Friedensordnung für unser Europa zu bauen. Dass dies vor allem eine Aufgabe der Jüngeren in unserem Land und auf unserem Kontinent sein wird, liegt auf der Hand. Ich will das aber an dieser Stelle ausdrücklich festhalten: Diese neue europäische Friedensordnung mit ganzer Kraft und aus tiefster Überzeugung in der ersten Reihe mitzubauen, muss eine Selbstverständlichkeit für die Mitglieder der Jungen Union sein – für die Mitglieder von heute, von morgen und von übermorgen.

Gern erinnere ich in an die Worte Konrad Adenauers, eines Christdemokraten, der weit mehr als nur ein Zeuge mancher historischer Zäsur gewesen ist: „Man darf niemals ,zu spät‘ sagen. Auch in der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang.“ Kein anderer Politiker hat die deutsche Nachkriegsgeschichte mehr geprägt als er. Es geht nicht darum, Zäsuren in ihrer historischen Dimension miteinander zu vergleichen. Aber sehr wohl sollten wir uns heute daran messen lassen, dass wir die Herausforderungen, vor denen wir gestellt sind, mit ebensolcher Zuversicht anpacken, wie dies Adenauer und die Christdemokraten der ersten Stunde getan haben. Denn am Anfang des eigenen Handelns stehen nicht schon die perfekten Antworten und Maßnahmen. Am Anfang steht eine Haltung. Und diese christdemokratische Haltung war in den vergangenen Jahrzehnten oft genug Richtschnur an historischen Wegmarken. Und diese Haltung kann auch heute Richtschnur sein – ja, muss sie sein.
Es geht um nicht weniger als eine Gegenwart, die verteidigt, und eine Zukunft, die errungen werden muss! Deshalb hat auch die Landtagswahl am 15. Mai eine Bedeutung für Nordrhein-Westfalen und sogar eine Bedeutung über Nordrhein-Westfalen hinaus. Ich meine nicht die unmittelbaren Folgen, wenn in den ersten Tagen die Ergebnisse gedeutet und eingeordnet werden. Nein, ich spreche von den vielen Tagen, die auf den 15. Mai folgen werden, von Wochen, Monaten, Jahren. Denn es geht in einer Zeit darum, in der wir unvermittelt aus einem Traum vermeintlicher Gewissheiten aufgewacht sind, auch die ganz konkrete Politik einem Realitätscheck zu unterziehen – sei es bei der strategischen Souveränität von Schlüsseltechnologien, bei der Innovationskraft unseres Wirtschaftsstandorts oder bei der Sicherheit von Jobs. Und natürlich geht es gerade jetzt um einen Realitätscheck für Sicherheit im ganz umfassenden Sinne.

Denn Stärke ist eine Frage der Sicherheit. Und Sicherheit ist eine Frage der Stärke. Anders als für viele Grüne und Sozialdemokaten, ist dies für uns Christdemokraten keine neue Erkenntnis. Zur Wahrheit gehört freilich auch: Wladimir Putin hat mit seinem Angriff auf die Ukraine unser Bewusstsein für diesen Zusammenhang deutlich geschärft. Es geht um unsere äußere Sicherheit und unsere innere Sicherheit, es geht um unsere ökonomische Sicherheit und unsere ökologische Sicherheit, und zu all dem gehört wiederum unsere Energiesicherheit. Wir müssen Sicherheit zusammendenken und Sicherheit zusammenbringen.

Natürlich, auch das ist vollkommen klar, spielt Nordrhein-Westfalen als größtes Bundesland und wirtschaftliches Schwergewicht hierbei eine herausgehobene Rolle. Gerade in dieser Zeitenwende geht es darum, wie das ganz konkrete Leben der Menschen sicher ist – mit sicheren Jobs, mit guter Bildung, mit einer schlagkräftigen Polizei. Arbeitsplätze sind nicht irgendeine Zahl in einer Bilanz, sondern die Ernährer der fleißigen Frauen und Männer in diesem Land. Sicherheit ist nicht irgendein Gefühl, sondern ein Grundbedürfnis von Menschen. Gute Schulen und Kitas sind kein Luxus, sondern die Voraussetzung dafür, dass alle Kinder und Jugendlichen die Chance haben, ein Leben in Eigenverantwortung zu führen und ihre Talente zu entfalten.

Hier hat die CDU in den vergangenen fünf Jahren viel erreicht. Ja, Nordrhein-Westfalen ist heute stärker und sicherer als 2017. Das muss uns alle miteinander anspornen. Es muss Euch, die Junge Union, anspornen, wenn es jetzt auf die Zielgerade geht, beim Plakatehängen und Flyerverteilen, an den Haustüren und in den Sozialen Medien.

Ein sicheres und starkes Deutschland gibt es nur mit einem starken und sicheren Nordrhein-Westfalen. Und ein starkes und sicheres Nordrhein-Westfalen gibt es nur einer starken Christdemokratie zwischen Rhein und Ruhr. Darum geht es am 15. Mai. Dafür kämpfen wir gemeinsam.

Ein Gastbeitrag von Friedrich Merz MdB
Vorsitzender der CDU Deutschlands

Kontaktperson

Arvid Hans Hüsgen

Pressesprecher

+49 211 1360048

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