Wer auf der bundespolitischen Ebene etwas zu sagen hat, lässt sich von ihr fotografieren: Laurence Chaperon (60) kam aus Frankreich nach Deutschland und prägt hier mit ihren Bildern seit über 20 Jahren politische Bildsprache.

Im Whatsapp-Profilbild von Laurence Chaperon tanzt eine junge Frau Ballett. Mit durchgestrecktem Körper und hoch gehaltenem Kinn steht sie da kerzengerade auf einer Fußspitze. Das Bild hat eine leichte Eleganz und erst auf den zweiten Blick wird ersichtlich, welche Anstrengung die Tänzerin für eine solche Pose wohl aufbringen muss und wie viele Jahre des Trainings hinter ihr liegen dürften.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt – oh Wunder – die junge Laurence Chaperon. Heute vor allem bekannt als eine der renommiertesten Portraitfotografinnen in Deutschland, begann ihre berufliche Laufbahn einst als professionelle Balletttänzerin. 1961 in Frankreich geboren, tanzte sie rund zehn Jahre professionell in Paris und zuletzt an der Oper in Bonn. Warum hat sie die Tanzschuhe dann an den Nagel gehängt? Chaperon antwortet ehrlich. Ballett sei ein Hochleistungssport und irgendwann im Alter nicht mehr zu machen, da musste sie sich im Alter von Ende 30 etwas anderes suchen. „Und eine Tanzschule wollte ich nicht aufmachen“, sagt die Frau mit dem leichten französischen Akzent im Gespräch mit der BISS35.
Noch bevor sie professionell tanzte, interessierte sich Chaperon schon für die Fotografie. Mit 14 bekam sie ihre erste eigene Kamera. Bilder entwickelte sie selbst und als Models dienten ihre Brüder.

1994 dann, nach dem Studium der Fotografie, arbeitete sie als freie Fotografin. Der frühere CDU-Generalsekretär Peter Hintze führte sie in den politischen Betrieb und zur CDU. Für keine andere Partei habe sie so viele Bilder gemacht, sagt sie. Das sieht man im Übrigen auch jedes Mal in der BISS35, im Grunde kommt keine Ausgabe ohne mindestens ein Bild von ihr aus.

Vor allem eine CDU-Politikerin hatte sie so oft vor der Kamera wie kein anderer Fotograf. Es ist Bundeskanzlerin Angela Merkel. Seit über Jahren begleitet Chaperon sie in ihrer Arbeit. Das Vertrauen Merkels in die Arbeit der Französin muss groß sein, denn fast alle großen Bilder, auch die Wahlkampfmotive, stammen von ihr. Woran das liegt? Chaperon ist diskret und wagt dazu keine Aussage. „Das müssen Sie Frau Merkel selbst fragen“, sagt sie und lacht.

In diesen Tagen erschien Chaperons erstes Fotobuch. Es heißt „Augen-Blicke mit Angela Merkel“ und zeigt auf 200 Seiten teilweise unveröffentlichte Aufnahmen von der Kanzlerin. Das Vorwort schrieb kein Geringerer als der französische Präsident Emmanuel Macron. „Das bedeutet mir schon sehr viel“, sagt sie zu diesem prominenten Unterstützer. Überhaupt wirkt die 60-Jährige unglaublich dankbar, wenn sie über ihr Leben spricht. „Es gab viele historische Momente, bei denen ich dabei sein durfte.“ Als ein Beispiel nennt sie die Wahl von Merkel zur ersten deutschen Bundeskanzlerin.

An dieser Stelle nicht über Chaperons besondere Verbindung zur Altkanzlerin zu schreiben, wäre genauso falsch, wie sie darauf zu reduzieren. Ihre Homepage zeigt die große Bandbreite ihrer Arbeit: von Frank-Walter Steinmeier über Christian Lindner bis hin zu Annalena Baerbock. Es scheint fast, als hätte sie schon jeden Spitzenpolitiker dieses Landes mindestens einmal vor der Kamera gehabt. Hinzu kommen weitere Personen des öffentlichen Lebens wie Künstler oder Unternehmer.

Was alle Portraits auszeichnet, ist eine besondere Anmutung. Emotion und Ästhetik zu verbinden, sei ihr Ziel, sagt Chaperon. Das sei im Übrigen auch eine Gemeinsamkeit zum Balletttanzen. Der Tagesspiegel nannte sie passend dazu mal sehr treffend „die Ästhetikerin der Macht“.

Wichtigen Politikern sagt man bekanntlich nach, sich mit der Zeit zwangsläufig einen Panzer anzulegen. Chaperon gelingt es, diesen kurz aufzubrechen und mit ihrer Kamera in dieser Sekunde auf die Person hinter dem Amt zu schauen. „Ich will zeigen, wie der Mensch ist, und nicht, wie er sich vielleicht sehen will.“ Portraitfotografie ist für sie ein „Geben und Nehmen“, sich selbst nimmt sie dabei nicht zu wichtig. „Wenn mit der Kamera etwas nicht funktioniert, ist das mein Problem“, sagt sie und vermeidet es, ihre Models beispielsweise mit so etwas zu belästigen.

In manchen Punkten sieht sie sich selbst als Handwerkerin. „Und ohne harte Arbeit erreicht man gar nichts“, stellt sie unumwunden fest. Chaperons Fotos sind Kunstwerke, ohne gleich als solche wahrgenommen zu werden. Sie sind wie die Balletttänzerin auf der Zehenspitze. Erst auf den dritten oder vierten Blick wird klar, welche Arbeit dahintersteckt. Was den Betrachter zuerst anspricht, sind Emotion und Ästhetik.

Von Florian Hemann

Kontaktperson

Arvid Hans Hüsgen

Pressesprecher

+49 211 1360048

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