Die Lage der Syrer im Libanon kann immer noch als katastrophal eingestuft werden. Der Alltag gestaltet sich für die Geflüchteten zum Teil als harter Überlebenskampf. Viele Kinder und Jugendliche müssen bereits arbeiten, um den Lebensunterhalt ihrer Familien zu bestreiten. Dabei kämpft das Aufnahmeland selbst mit zahlreichen Problemen. Militärische Konflikte, interne Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften und die ungeklärte Lage der syrischen Geflüchteten prägen die libanesische Politik bis heute.

Fast ein Viertel der Bevölkerung
Vielseitige Dauerkrise: Diese Worte beschreiben wohl wie keine anderen die Gesamtlage im Libanon. Das kleine Land galt einst als Perle am Mittelmeer. Heute bestimmen instabile politische Verhältnisse und ungelöste Konflikte zwischen den Religionsgemeinschaften die Geschicke des Landes. Mit dem Ausbruch des Krieges im benachbarten Syrien flohen an die 1,5 Millionen Menschen in den Libanon. Die Dunkelziffer wird wahrscheinlich viel höher gelegen haben. Damit machten die Syrer damals in etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl nahm der Libanon damit so viele Geflüchtete wie kein anderes Land aus Syrien auf. Die Lage der in den Libanon geflohenen Menschen kann als katastrophal eingestuft werden. Es gibt kaum richtige Unterkünfte. Die Menschen sind in bloß notdürftig errichteten Behausungen untergebracht. Dort, zwischen Bretterverschlägen und alten Planen, steht ihnen nur ein Mindestmaß an Unterstützung zu, weswegen die meisten von ihnen in Armut leben. Oftmals müssen schon Minderjährige für den Unterhalt ihrer Familien aufkommen. Auch die libanesische Wirtschaft trifft das hart. Libanesen und Syrer konkurrieren um die wenigen Verdienstmöglichkeiten. Da erstaunt es nicht, dass die Rückführung der Geflüchteten in das benachbarte Syrien von immer mehr Libanesen gefordert wird. Zwar scheinen sich die Kämpfe im Nachbarland festgefahren zu haben, von einer dauerhaften Befriedigung kann aber noch nicht die Rede sein. Daher fürchten viele Syrer bei einer Rückkehr die Rache des Assad-Regimes und können in den unüberschaubaren Verhältnissen ihres Landes keine positive Zukunft erblicken.

Hilfsorganisationen vor Ort
Die humanitäre Situation stellt für den Libanon eine enorme Belastung dar. Viele Hilfsorganisationen unterstützen tatkräftig das Land und die Menschen in dieser angespannten Gesamtsituation. Das Leben der Menschen ist stark von Armut, Unsicherheit und Gewalt geprägt. Außerdem fehlt es an Bildungsmöglichkeiten und langfristigen Perspektiven für die Geflüchteten. Sie erhalten häufig keinen offiziellen Flüchtlingsstatus, was ihren Alltag zusätzlich erschwert. So können sie keinem normalen Beruf nachgehen und müssen sich mit Hilfsjobs durchschlagen. Unter schlimmsten Arbeitsbedingungen leidet auch die Gesundheit der Menschen. Von einer medizinischen Versorgung kann dabei eigentlich gar nicht die Rede sein. Diese Not hat neben vielen anderen Organisationen inzwischen das Deutsche Rote Kreuz auf den Plan gerufen. Sie unterstützen eine Ambulanzstationen des Libanesischen Roten Kreuzes mit der Lieferung dringend benötigter Medikamente, Verbrauchsmaterialien und Fahrzeuge. Das Deutsche Rote Kreuze berät außerdem die libanesischen Partner bei der organisatorischen Koordinierung, der Modernisierung ihres Blutbankensystems und hinsichtlich der Finanzierung von Personal, Materialien und der Aufbereitung sowie Lagerung von Blutkonserven. Zudem wird mit Hygienepaketen, Toiletten und Wassertanks handfeste Hilfe geleistet. Für Menschen, die sich in ganz besonders schwierigen Notlagen befinden, geht das Rote Kreuz sogar noch weiter und vergibt Barzahlungen und elektronische Gutscheinkarten, um diesen Menschen den Lebensunterhalt zu ermöglichen. Die Bemühungen des Deutschen Roten Kreuzes tragen dazu bei, die humanitäre Notlage im Libanon zu lindern und den betroffenen Menschen dringend benötigte Unterstützung zu bieten.

Deutschlands Beitrag zur Stabilisierung
Die Bundesrepublik zählt neben den USA und der Europäischen Union zu den größten Geberländern für den Libanon. Neben der Bereitstellung von humanitärer Hilfe setzt Deutschland sich für eine langfristige politische und gesellschaftliche Stabilisierung des Landes ein. Seit 2020 zählt der Libanon zu den Partnerländern des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, mit denen langfristige Entwicklungsziele verfolgt werden. Angesichts des Syrienkrieges wurde die Entwicklungszusammenarbeit zusätzlich intensiviert. Der Fokus liegt dabei stets auf der Minderung der Auswirkungen des Konfliktes und der Versorgung der Geflüchteten, um eine Stabilisierung des Libanons zu erreichen. Seit 2012 hat Deutschland bereits 250 Millionen Euro für lokale Hilfsprojekte bereitgestellt. Im Jahr 2021 finanzierte die Bundesregierung für rund 146,8 Millionen Euro humanitäre Maßnahmen. Ein besonderer Schwerpunkt der Unterstützung liegt auf der allgemeinen und beruflichen Bildung der Geflüchteten, der Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Land und der Unterstützung kommunaler Infrastrukturprojekte. Darüber hinaus strebt Deutschland den Wiederaufbau palästinensischer Flüchtlingslager an.

Die wechselvolle Geschichte des Libanons
Das kleine Land blickt auf eine sehr blutige Historie zurück. Einst Teil des Osmanischen Reiches wurde es nach der Auflösung des Sultanates Frankreich zugeschlagen. Der Libanon wurde, wie große Teile des Nahen-Ostens, ohne Berücksichtigung seiner ethnischen und religiösen Zusammensetzung geschaffen. 1943 erlangte der Staat dann die Unabhängigkeit. Nach der Gründung Israels siedelten sich Palästinenser im Land an. Die politischen Spannungen zwischen den christlichen, sunnitischen und schiitischen Volksgruppen nahm immer weiter zu und es kam zum Bürgerkrieg. Die inneren Konflikte sollten auch von ausländischen Mächten zur Ausweitung der eigenen Machtansprüche genutzt werden. Insbesondere der Iran versuchte über die schiitische Hisbollah, Einfluss in der Region zu gewinnen. Westliche Militärinterventionen – allen voran der USA – haben nicht die erhoffte Stabilisierung des Landes gebracht. Auch der Einmarsch Israels in das Nachbarland muss als gescheitert angesehen werden. Die Konflikte bestimmen bis heute die politischen Geschicke des Landes. Ein ausgeklügeltes politisches System, welches ein Gleichgewicht zwischen den Religionsgemeinschaften schaffen soll, begünstigt festgefahrene Clanstrukturen, Korruption und den politischen Stillstand. Heute leben mehr Libanesen außerhalb des Libanon als im Land selbst. Die Wirtschaft befindet sich im Rückgang und eine hohe Inflation bestimmt den Alltag der Bevölkerung im Land. Die Explosion im Hafen von Beirut 2020 verdeutlicht wie in einem Brennglas die Probleme des Landes und letztendlich des gesamten Nahen Ostens.

Die humanitäre Situation im Libanon bleibt weiterhin alarmierend, insbesondere für die syrischen Geflüchteten im Land. Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz engagieren sich stark, um die humanitäre Notlage im Land zu lindern und den betroffenen Menschen dringend benötigte Unterstützung zu bieten. Deutschland nimmt dabei eine bedeutende Rolle ein, indem es neben der Bereitstellung von finanzieller Hilfe auch langfristige Entwicklungsziele verfolgt, um eine politische und gesellschaftliche Stabilisierung des Landes zu erreichen. Angesichts der komplexen Geschichte und der aktuellen Konflikte bleibt jedoch eine umfassende Lösung für den Libanon und die Situation der Geflüchteten die große Herausforderung. Die Zukunft des Landes und seiner Bevölkerung bleibt weiterhin ungewiss.

Von Larissa Otten und Jamie Duponcheel

Kontaktperson

Sara Carina Richau

Pressereferentin

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